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Libanon vor der Wahl - ein Land im Umbruch
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Ungebrochener Aufbauwille im Libanon.

Pressedienst
25.5.2009


Vor den Parlamentswahlen am 7. Juni gibt es im Libanon einen wirtschaftlichen Aufschwung, aber auch viele Probleme.

Als wir an einem Sonntag des Frühsommers 2009 in Beirut landen, führt uns der erste Weg nach dem Einchecken im Hotel zu Beiruts Strandpromenade.
Teilweise freizügig gekleidete Jugendliche schlendern neben Mädchen und Frauen mit Kopftuch. Kinder und junge Männer wagen sich bereits ins kühle Nass des Mittelmeeres, das hier, in der Zweimillionen-Metropole Beirut, noch relativ sauber ist.

Man könnte meinen, diese Idylle sei durch nichts zu trüben – wenn sich nicht an den meisten Kreuzungen Panzerwagen oder befestigte Check-Points befänden. Unterbrochen wird dieses Bild durch großflächige Werbe-Plakate, die in keiner Weise den Darstellungen westlicher Großstädte nachstehen. Allerdings genauso prägnant sind die Wahlplakate für die bevorstehende Parlamentswahl am 7. Juni, für die ein sehr knapper Ausgang erwartet wird. Das heißt, man rechnet mit dem Sieg der von der schiitischen Hisbollah angeführten Oppositionsparteien, die dann nach der Wahl die absolute Mehrheit im Parlament erreichen könnten. Die Hisbollah hat durch die Jahre des sozialen Engagements, zuletzt in umfangreicher Weise bei den Ausgebombten aus den Jahren 2000 und 2006, ein hohes Ansehen erlangt, insbesondere auch durch den Ruf der Unbestechlichkeit.
Inwieweit aktuelle Medien-Berichte, das Bomben-Attentat auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Rafiq Al-Hariri vom 14. Februar 2005, bei dem noch 22 weitere Menschen ums Leben kamen, sei nicht von Syrien, sondern von einer Spezialeinheit der Hisbollah ausgeführt worden, sich auf den Ausgang der Wahl im Libanon auswirken, bleibt abzuwarten. Die Hisbollah hat diese Berichte umgehend dementiert.

Fuad Al-Saad, Minister a.D., der christlichen „Sozialistischen Fortschrittspartei“ nahestehend, misstraut den bewaffneten Kämpfern der Hisbollah, da sie seiner Meinung nach einen „Staat im Staat“ darstellen. Das sieht knapp die Hälfte der Libanesen auch so. Als der Weg vorbei an herrschaftlichen Anwesen durch ruhigere Viertel Beiruts führt, wird man immer wieder von Polizei, Militär aber auch von Passanten höflich aber bestimmt darauf hingewiesen, hier nicht zu fotografieren. Das erleben wir auch im Süden des Landes, der zuletzt 2006 von den Israelis zerbombt und vermint wurde. Hier herrscht ein psychologischer Druck, Furcht vor fremden Blicken, die Informationen weitergeben könnten. Das reicht bis zur Aufforderung, gemachte Landschaftsaufnahmen zu löschen.


Problem Sprengkörper

Südlich von Beirut – bis hin zur israelischen Grenze - fallen die unzähligen Baustellen und Neubauten auf, die nach der Bombardierung durch Israel im Jahr 2006 entstanden sind. „Es gibt seitdem einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung“, erklärt Dr. Salim al Hoss, ehemaliger Ministerpräsident. Er beschreibt das außergewöhnliche Verhältnis zwischen den 4 Millionen im Inland und den 14 Millionen im Ausland lebenden Libanesen, die nach wie vor eine sehr starke Bindung an ihr Land und ihre Familien haben. Hasan Aljashi, Geschäftsführer der Koordinations-Gesellschaft „WAAD“ die für den Wiederaufbau verantwortlich zeichnet, bestätigt, dass die Investitionen größtenteils von Auslands-Libanesen, kommen. Vermutlich auch von Syrien und dem Iran. Er fährt fort: „Auch das ist Widerstand. Wir bauen schneller und schöner und zeigen unseren ungebrochenen Lebenswillen.“ Im Süden Beiruts wurden von den Israelis 3.000 bis 4.000 Luftangriffe mit sog. „intelligenten“ Bomben geflogen: über 1.000 Häuser wurden zerstört; 30.000 Familien wurden obdachlos. Immer noch sind Sprengkörper aus unzähligen Streubomben ein großes Problem, wie Major Mohamad El Cheik vom
„Lebanon Mine Action Center“ erklärt. Viele Bauern können dadurch ihr Land nicht bestellen. Ein Schock und eine Katastrophe für die Bevölkerung.

Verunreinigte Küste

Hussein Khensa, Bürgermeister des Beiruter Stadtteils Ghobeiry arbeitet engagiert am Wiederaufbau. Er wurde als effektivster Bürgermeister des Libanon ausgezeichnet. Nicht nur die Grünanlagen, sondern auch die im Bau befindliche Stadtautobahn zeugen von seinen Ideen. Yasmin Al-Helwe von Greenpeace Lebanon, hat ihre eigene Vorstellung von einem sauberen Libanon. Als Beispiel führt sie die Umweltkatastrophe an der Saida-Küste an. Ein geborstener Müllberg, der sich ins Meer schob, verunreinigt seit Monaten die Küste. Sie findet, dass die Menschen noch nicht für die Müllvermeidung sensibilisiert sind. Ganz anders sieht es in Beiruts soeben renoviertem Stadtteil Saifi mit angrenzendem Markt aus. Er gilt als Muster für stilvollen Wiederaufbau – allerdings erinnert zwei Gehminuten daneben das im Bürgerkrieg (1975 - 1990) zerstörte und heute als Mahnmal stehengebliebene Kino an die allgegenwärtige Gefahr. Darum betet Markt-Kundin Nabila jeden Tag um Frieden für ihre Kinder. Von der bevorstehenden Wahl erhofft sie wie viele eine Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufschwungs und vor allem Stabilität und Frieden im Land.

Der Umbruch scheint zu gelingen im Libanon - wirtschaftlich. Die Normalität bricht sich Schritt für Schritt Bahn in dem Land, das früher als „Schweiz des Orients“ ein Touristenmagnet war. Ungelöst bleibt das Palästinenser-Problem. Rund 400.000 Menschen, das sind ca. zehn Prozent der Gesamtbevölkerung, leben trist und ohne wirkliche Chancen in 12 Lagern. Sie sind im Libanon nicht integriert, staatenlos und können in ihre palästinensische Heimat nicht zurück. Dieses Problem wird bis jetzt weder von der Regierung noch der Hisbollah thematisiert.


Die Flaniermeile an der Küste Beiruts lädt zum Spaziergang und zur Erholung ein.


Wahlplakat mit dem Konterfei von Rafiq Al-Hariri.


Für westliche Augen ungewohnt: Militärfahrzeuge überall in der Stadt.


Darauf sind Einwohner wie Planer stolz: Der neu renovierte Beiruter Stadtteil Saifi.


Bürgermeister Khensa (re) mit Mohamad Saleh aus München, der deutschen Journalisten mit Übersetzungen und Ratschlägen zur Seite steht.


Mit dem Bau der neuen Stadtautobahn
beweist Bürgermeister Khensa der Beiruter Bevölkerung Tatkraft.

Immer noch eine Gefahr für die Bevölkerung. Warnung vor Streubomben auf landwirtschaftlich genutztem Gebiet.


Einkehr der Normalität:
Der Bio-Markt im Beiruter Stadtteil Saifi.

 

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